Rom und Karthago. 605
bloße Rüstung für Friedensbruch, und erpreßte ausser der
Verzichtleistung auf Sardinien als Kriegskostenersatz die
Summe von 1200 Talenten. Gelegentlich wurde auch
Korsika besetzt. Der Ruhm, welchen Hamilkar als Ret-
ter Karthagos erntete, war ein Stachel in der Brust des
Hanno: gestützt auf Aristokraten und Klubbs, rastete er
nicht, Jenen als den Mann zu verfolgen, durch dessen
Schuld Sicilien und in Folge davon auch Sardinien
sammt Korsika verscherzt worden sey. Der Angeklagte
schuf sich durch-alle ihm zu Gebot stehenden Mittel unter
Soldaten und Volk eine Parthei, mit deren Hülfe er
auf kurze Zeit das Oberfeldherrnamt in ganz Afrika er-
rang, und diese hohe Vollmacht gebrauchte er dann, um
ohne Ermächtigung von Seiten des Senats einen weitaus-
sehenden Eroberungskrieg auf dem Fcstlande zu beginnen,
und so nicht nur dem Vaterlande die erlittnen Verluste
mit Gewinn zu ersetzen, sondern auch sich selbst durch
die Beute fortwährend einen bestochneu Anhang zu sichern.
Er segelte nach Cadiz, und drang, obgleich die Spanier
verzweifelten Widerstand leisteten, unaufhaltsam ins Jnure
des Landes. Nachdem er 229 in einer Schlacht wider
die Vettoncn gefallen war, erzwang das Heer^und die
Volksparthei seinem Schwiegersöhne Hasdrubal die
Nachfolge. Dieser gründete den schnell emporblühenden
Waffen- und Stapelplatz Neukarthago, welcher jetzt noch
den Namen Cartagena trägt, dehnte die Grenzen der
panischen Herrschaft bis an den Ebro aus, und herrschte,
von Allen verehrt und geliebt, wie ein selbstständiger
Fürst über die Besiegten. Gerne vernahm man daher
zu Rom das Hülfegesuch ver aus Zacynthus stammenden
Saguntiner, sowie andrer Griechenkolouien innerhalb
Spaniens. Der punische Senat genehmigte einen Ver-
trag, kraft, dessen jede Ucberschreitung des Ebro und je-
der Angriff auf eine solche Kolonie, insonderheit auf
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Extrahierte Personennamen: Hanno
Extrahierte Ortsnamen: Karthago Sardinien Korsika Karthagos Sicilien Sardinien Korsika Afrika Cadiz Stapelplatz_Neukarthago Cartagena Rom Spaniens
Verfall des merowîligischen Herrscherstamms rc. 187
Wort allein zum König erklärte, setzten sie der Tyrannei
des Major Domus ein Ziel, und riefen Childerich
von Auster zum Könige aus. Mit Hülfe Wulfvalds
überwältigten sie Ebruins Parthei, und schickten ihn als
Mönch nach Luxovium, Theuderich nach St. Denys.
Aber nicht lange blieb der übermüthige Childerich Kö-
nig: schon 673 ward er ermordet, und Wulfoald floh
nach Auster. Einer der Mörder, Herzog B o d i l o,
führte Theuderich auf den königlichen Stuhl und wählte
auf den Nath des von Childerich verbannten heiligen
Le odegar, Bischoffs von Autnn, Leu da fins, den
Sohn des Erchinvald, zum Major Domus von Neu-
strieu und Burgund. Allein auch Ebruin verließ fein
Kloster, zog seine Freunde an sich, überfiel und schlug
Theuderichs Anhang, erbeutete den königlichen Schatz,
verfolgte Lendesius nach Criscecum und ließ ihn hier mein-
eidig ermorden. Nun verbreitete er das Gerücht von
Theuderichs Tode, und stellte einen vorgeblichen Sohn
Chlotars Hi. Chlodwig als König auf. Da jedoch
bald bekannt wurde, daß Theu der ich noch lebe, Chlod-
wig aber nicht Chlotars Iii. Sohn sey, söhnte er sich
mit Theuderich aus, und durch Furcht oder Hoffnung
der Leudes wurde er zum zweitenmal^ Major Domus
von Neustrien und Burgund. Seine zweite Verwaltung
glich übrigens der ersten: er wüthete als Tyrann gegen
alle seine Feinde, insonderheit wurde Lavdegar, Bi-
schvff von Autnn, von ihm schändlich gemartert und hin-
gerichtet.
In Austrien hatte indessen Wulfoald, Siegberts
Sohn, D a g o b e r t Ii., nach 17jähriger Verbannung
aus Irland zurückgerufen. Gegen sie zieht jetzt Ebruin,
schlägt sie bei Lang res, und kurz darauf werden Wul-
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Die Zeit der Karolinger.
423
Großen nur um der beigcgebnen Ruthe willen Rücksicht
bewiesen hatten, sank nunmehr zu gänzlicher Bedeutungs-
losigkeit herab. Er theiltc folgendermaßen: den ältesten
Sohn Lothar ernannte er zum Mitkaiscr und Nachfol-
ger, und Italien, als Sitz des Kaiserthums, sollte seine
und Lothars Hoheit anerkennen; Aquitanien mit ei-
nigen Strichen von Burgund erhielt der zweite Sohn
Pippin; Bajoarien, als Kern der fränkischen Herr-
schaft über die slavischen Völker im Osten, wurde dem
dritten Sohne Ludwig zugetheilt. Der Keim zu fort-
dauernden unvermeidlichen Unruhen war durch diesen
ganz unbedachtsamen Schritt gelegt. Lothar wollte
nicht vergeblich den Kaisernamen führen, und bald sah
der Vater, wie ein Theit feiner Fidelcs sich auf die
Seite des rüstigern Sohnes neigte. Dabei ertrugen die
jünger« Sohne nur mit Unwillen die Herabwürdigung
unter den ältern Bruder. Und um den erwähnten Man-
gel an Umsicht vollends in ein helles Licht zu setzen,
hatte er Bernhards, des Königs von Italien, mit
keinem Worte in der Thcilung gedacht. Ermuthigt durch
mehrere der angesehensten Großen aus Italien und Fran-
kenland, welche nicht zur Hofparthei gehörten, traf da-
her Bernhard Anstalten, sich zu behaupten. Aber
Ludwig, geschreckt durch die Nachrichten Suppos,
des Grafen von Bri.ren, und Rotalds, des Bischoffs
von Verona, sammelte ein großes Heer in Frankreich
und Deutschland, ehe Bernhard noch gehörig gerüstet
war, und diesem blieb, da ihn die treulosen Jtaliäner
verließen, nichts Andres übrig, als sich zu ergeben. Dieß
war der Hofparthei, an deren Spitze die Kaiserin stand,
sehr willkommen. Ueber Bernhard und die vornehm-
sten Theilnehmer seiner Plane wurde das Todesurtheil
26 *
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Extrahierte Personennamen: Lothar Pippin Ludwig Ludwig Bernhard Ludwig Ludwig Bernhard Bernhard
Extrahierte Ortsnamen: Italien Burgund Bernhards Italien Italien Fran- Verona Frankreich Deutschland
Heinrich Iii. v. England «. Ludwig d. Heilige v. Frankreich. 321
und überwand am 4. Aug. 1264 bei Evesham den nach
Wales zurückgedrängten Leicestcr, der zugleich mit der
Schlacht das Leben verlor. Nun übernahm Heinrich die
Negierung wieder, stellte 1267 durch Begnadigung seiner
Gegner die Ruhe her, unterwarf 1268 auch den mit
Leicestcr verbündeten Fürsten Llewellyn von Wales,
und starb den 20. Nvv. 1270 im Frieden. Indes; hatte
er eine wichtige Ausdehnung der Volksrechte anerkennen
müssen. Das Parlament war von Anfang nur aus un-
mittelbaren geistlichen und weltlichen Vasallen zusammen-
gesetzt gewesen: wenn hin und wieder der Zustimmung
des Volks gedacht wird, so ist dieß nicht von Mitglie-
dern der Versammlung, sondern von Zuhörern zu verste-
hen, welche die gefaßten Beschlüsse freudig anhörten;
denn Städte und Flecken, obgleich im Laufe zweier Jahr,
hunderte zu größerm Ansehen und, indem sie die Ar-
muth geistlicher und weltlicher Herrn benützten, zum
Rechte, ihre Obrigkeit zu wählen und sich selbst Gesetze
zu geben, sowie zu manchem andern Privilegium durch Kauf
gelangt, wurden gleichwohl, wenn sie nicht durch frei-
willige Gaben den Erpressungen königlicher Kommissäre
zuvorkamen, nicht selten mit harter Willkühr besteuert;
die Ritter aber, welche man als Grafschaftsrepräseutan-
tcn berief, galten ebenfalls nicht als Parlamentsglieder,
sondern hatten blos die Geschäfte einer einzelnen Grafschaft zu
betreiben, Beschwerden derselben dem Könige vorzutrageis
und Steuern einzusammeln. Nur ausnahmsweise waren
diese Letzter« auch zur Theilnahme an den Angelegenhei-
ten des Reichs beigezogen worden: König Johann hatte
1213 vier aus jeder Grafschaft nach Oxford beschieden;
Königin Eleonore und Richard von Kornwallis hatten,
als Heinrich 1254 in der Gascvgne bedrängt war, je
zwei durch die ansässigen Freien jeder Grafschaft wäh-
len und um über eine Beisteuer zu berathen, zur Ver-
sammlung nach Winchester kommen lassen; und 1261
hatte Leicestcr zum Parlament nach St. Albans je drei
Ritter berufen, denen Heinrich bei einer kurzen Ver-
Baucr's Ecsch. Iii. Bd. 21
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iii Heinrich Ludwig_d Ludwig Heinrich Heinrich König_Johann Johann Eleonore Richard_von_Kornwallis Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Wales Wales Oxford
508
Sechstes Hauptstück.
welche der wohlgenährte Mann in seiner Herzensangst
bewilligte; darauf wurden die Häuser der Steuereinneh-
mer geplündert und diese selbst, wenn man sie fand, todt-
geschtagen. Kaum beschloß im Frühjahre 1382 der Her-
zog von Anjou Gewalt gegen Rouen, so-mußte vor dem
tobenden Pvbcl in Paris der Schuldheiß und Bischoff
fammt den vornehmsten Bürgern und Rathen des Königs
die Flucht nehmen: die Freiheit wurde ausgerufen, das
Rathhaus erstürmt, das Zeughaus geleert, Hugo Aubriot,
früher Handclsvorsteher in Paris, welcher wegen Nicht-
achtung der Universitätsprivilegicn gefangen saß, in Frei-
heit gesetzt und aufgefvrdert, an die Spitze des Volks zu
treten: er entwich bei Nacht zum Herzoge von Burgund,
und nur um so zügelloser wüthete der Pvbcl mit Streit-
kolben gegen die Steuereinnehmer, weßhalb die ganze
Empörung die der Maillvtins oder Hämmerer heißt. Als
jedoch der erste Sturm vorüber war, und der Gcneral-
fürsprcchcr des Volks, des Mar cts, die.leute freund-
lich ermahnte, nun tune zu halten und des Königs Gnade
zu suchen, gieng Jedermann wieder seines Wegs. Karl Vi.
zog mit Oheimen und wvhlgerlistetem Heere Adelicher ge-
gen Rouen, bemächtigte sich eines Thors, ließ cs nebst
einem Stücke der Mauer niedcrreissen, zog durch die Oeff-
nnng ein, entwaffnet«: die Bürger, verurtheilte die An-
führer zum Tode und ordnete den Steuereinzug. Als
er gegen Paris kam, legten die obrigkeitlichen Personen
der Stadt Fürbitte ein, und Karl bestand nur auf Be-
strafung derjenigen, welche die Gefängnisse erbrochen hat-
ten , und die trotz eines wiederholten Aufstands in der
Seine ersäuft wurden. Eine nach Compicgne ausge-
schriebne Versammlung städtischer Abgeordneten zeigte noch
wenig Bereitwilligkeit, auf die Steuerforderungen des
Hofs einzugehen. Da aber die reichern Bürger, welche
stets vor einer Plünderung zitterten, den König nach
Paris zu kommen baten; da der Pöbel durch nahe bei
Paris ausgestelltes Kriegsvvlk, welches die Zufuhr abzu-
schneiden drohte, in Schrecken gesetzt wurde, und da sich
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Extrahierte Personennamen: Anjou Bischoff Hugo_Aubriot Karl_Vi Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rouen Paris Paris Burgund Maillvtins Rouen Paris Compicgne Paris Paris
Wickliffe und das Concil von Pisa. 509
der Hof gegen ein Geschenk von 100,000 Franken zu einer
Amnestie verstand, so empfieng man Karl Vi. mit lautem
Jubel in der Hauptstadt. 1383 zog sodann der Herzog
von Anjou mit vielem Gclde ans der französischen Schatz-
kammer nach Neapel, um als Adoptivsohn Johannas I.
seine Ansprüche gegen Karl Iii. dnrchzusetzen, starb aber
1384, bevor er seinen Zweck erreicht hatte. Der nunmehr
übermächtige Herzog von Burgund lenkte Karls Thätig-
kcit gegen Flandern, wo wegen des Drucks der Abgaben
ebenfalls Unruhen herrschten. Dreimal hatten die Städte
ihres Grafen Ludwig Schulden bezahlt, und zum vierten-
male wurden die Bürger von Brügge gewonnen; Gent
aber empörte sich, und der von Philipp Arte velde,
dem Sohne des Brauers, geleitete Aufstand nahm eine
für den Grafen so bedenkliche Wendung, daß er bei sei-
nem Eidam und voraussichtlichen Erben, Philipp von
Burgund, um Hülfe nachsuchte. Ende Oktobers 1382
sammelte sich bei Artois das französische Heer, erzwang
den Uebergang über den Lys, gewann unter Mitwirkung
der Patricier und reicheren Bürger die Stadt Ypern,
nahm Cassel, Thorout und andre Plätze ein und schlug
am 27. Nvvbr. 1385 bei Rvvsbeke, wo der sehr fähige
Artevclde umkam, die Flamänder aufs Haupt, so daß
nur die Geuter mit englischer Hülfe den Widerstand fort-
setzten. Karl Vi., entschlossen, den Sieg bei Novsbcke
zu Unterdrückung des Aufruhrgeistes im eignen Lande zu
benützen, zog in Schlachtordnung nach Paris, cntwaffnete
die Bürger und ließ viele verhaften und hinrichten, vor
Allen den Generaladvokatcn des Marets, einen redlichen
Mann, der nur, um den ärgsten Greueln zu steuern, in
Paris geblieben war, übrigens freie Reden geführt und
mit dem Herzoge von Burgund sich verfeindet hatte.
Minderschuldige durften zum Dvrthcile der Prinzen sich
loskaufen. Ueberdicß schaffte der König das Amt des
Bürgermeisters von Paris ab, setzte einen Schuldheissen,
zog die Einkünfte des Rathhauses zur königlichen Kam-
mer und führte die Abgaben, welche den Aufstand bewirkt
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Extrahierte Personennamen: Karl_Vi Karl Karl_Iii Karl Karls Karls Ludwig Ludwig Philipp_Arte Philipp Eidam Philipp_von
Burgund Philipp Cassel Karl_Vi Karl
Extrahierte Ortsnamen: Neapel Burgund Flandern Paris Paris Burgund Paris
456 Fünftes Hauptstück.
Von Geld und Truppen entblößt, rief der Regent die
Stände zusammen, mußte sie aber, ohne seinen Zweck er-
reicht zu haben, wieder entlassen, weil sie alles Ansehen
und alle Gewalt an sich zu reissen drohten. Nun aber
erzwang Stephan Marcel, Vorsteher der Kaufmann-
schaft und als solcher Präsident des Schöffenkottcgiums zu
Paris, durch Unruhen in der Hauptstadt eine neue Be-
rufung der Stände, welche sofort einem Ausschüsse von
36 Personen die Negierung übertrugen und sich die Fä-
higkeit beimaßen, künftig auch unberufen ihre Versamm-
lungen zu eröffnen. Als der König durch Briefe derlei
Beschlüsse für nichtig erklärte, fetzte Paris sich in Vcr-
theidiguugsstand. Allein der Ausschuß führte die Regie-
rung so schlecht, daß es bald viele Unzufriedne in Paris
gab, und der Dauphin, welcher von den Ständen in Lan-
guedoc Geldhülfe erhalten hatte, die Gegenparthci leicht
hätte stürzen können, wäre nicht Karl der Böse von den
Unzufriednen befreit und triumphirend nach Paris gebracht
worden. Jetzt mußte ihm der Dauphin verzeihen und
eine Menge von Artikeln zugestehen. Karl warb ein
Heer, Marcel richtete eine Waffenbrüderschaft in Paris,
von der jedoch die Universität sich ausschloß, und vergeb-
lich suchte der Dauphin eine Gegenparthci unter dem
Volke zu bilden: vor seinen Augen wurden die Marschälle
von Champagne und der Normandie niedergestoßen, und
er selbst mit seinen Leuten mußte, um sicher zu seyn, die
rothe und blaue Mütze der Patrioten tragen. Zu glei-
cher Zeit hausten Söldnerschaaren verheerend in ganz
Frankreich, und als es dem Dauphin 1358 gelang, aus
Paris zu entweichen und den Adel der Picardie, der
Champagne und von Vcrmandois für sich zu gewinnen,
wurde die Verwirrung nur um so größer. Denn wäh-
rend die Gcgeuparthei Rüstungen machte, brach in Jsle
de franee, in der Picardie, in Soissvnnois, in Bcauvoissis
ein Bauernkrieg aus, der von schändlichen Grausamkeiten
begleitet war. Die Bauern nannten ihre Verbindung
Jacques Bonhomme oder die Jacquerie. Unter vielem
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Extrahierte Personennamen: Stephan_Marcel Karl_der_Böse Karl Karl Karl Jacques_Bonhomme
Extrahierte Ortsnamen: Paris Paris Paris Paris Paris Frankreich Paris Soissvnnois Bcauvoissis
524
Sechstes Hauptstück.
Tags in die City, rissen den Pöbel an sich, lärmten
und wütheten. Der König mußte Zugeständnisse machen:
jedes Kirchspiel erhielt eine besonders gcschricbne Ur-
kunde, „daß fortan die Knechtschaft abgeschafft, der
Grundzins auf 4 Pence vom Acre herabgesetzt, Kauf
und Verkauf auf allen Märkten frei und für das Ver-
gangne ein Generalpardon erthcilt scyn solle/' Allein
damit waren Tyler und Straw nicht zufrieden: sie dran-
gen mit 400 Mann in den Tower und ermordeten den
Erzbischvff von Canterbury und andre hohe Beamte.
Den andern Tag begegnete Tyler mit 20,000 Aufrüh-
rern dem Könige, der nur mit 60 Begleitern durch
Smithstcld ritt: drei Freiheitsbriefe waren dem Dema-
gogen zugescndct worden, alle drei hatte er verworfen;
sobald er daher Richard erblickte, ließ er seine Leute
Halt machen und ritt auf den König zu: cs entspann
sich ein Gespräch, Tyler spielte mit seinem Dolch und
faßte endlich das Pferd des Königs beim Zügel, worauf
ihm Lordmajor Walworth von London plötzlich das Schwert
in den Hals stieß. Die Aufrührer spannten ihre Bo-
gen; Richard sprengte auf sie zu und rief: „was thut
ihr, meine Mannen? Tyler war ein Verräther: kommt
mit mir, ich will euer Führer scyn." Unschlüssig und
verwirrt folgten sie ihm; schnell eilten 1000 Gehar-
nischte, welche der Lordmajor und Sir Robert Knowlcs
gesammelt hatten, zckm Schutze des Königs herbei, und
die Aufrührer flehten knieend um Gnade: Richard be-
fahl ihnen heimzukehren, und sie'zerstreuten sich. Ebenso
stellte der junge kriegerische Bischoff Heinrich S p c n-
ser von Norwich in den Grafschaften Norfolk, Cam-
bridge und Huntingdon die Ruhe wieder her, und bald
sah sich der König an der Spitze von 40,000 Rittern
und Knappen. Nun widerrief er die Frciheitsbricfe,
und zahlreiche Hinrichtungen dämpften allenthalben den
Geist der Widerspenstigkeit. Bnld nach Stillung des
Aufruhrs veranstaltete -T h o m a 6 Arundel, der neue
Primas von England, eine Synode zu London, welche
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Extrahierte Personennamen: Canterbury Tyler Lordmajor_Walworth Tyler Robert_Knowlcs Bischoff_Heinrich_S Heinrich Arundel
Extrahierte Ortsnamen: London Norfolk England London
662
Siebentes Hanptstück.
des Königs, den Namen der armagnacquischen er»
hielt. Beiderseits rüstete man Krieg; auch der 1410 ge.
schloßne Friede von Bicötre hob die Spannung nicht auf;
vvrnämlich durch die Fleischerzunft, welcher Graf St. Pol
als Statthalter von Paris zum Titel einer königlichen
Miliz verhalf, machte Johann seinen Gegnern sich furcht,
bar: Mord und Plünderung erfüllte die Hauptstadt, und
Völker der Armagnacs sogen die Provinzen aus. Mit
Erstaunen sah sich Karl, als er wieder einmal zur Be»
sinnung kam, von lauter Anhängern der burgundischen
Parthci umgeben; allein man wußte ihm das Benehmen
der Prinzen so nachtheilig darzustellen, daß er selbst die
Oriflamme zu St. Denys gegen sie erhob, und wenn vor
Bourges ein Friede zu Stand kam, so geschah dieß aus
Noth, wegen einreissender Seuchen und einer Verschwö.
rung, die mitten im königlichen Heer entdeckt wurde.
Erst, als dem Herzoge von Burgund ein Plan, den Kö-
nig zu entführen, fehl schlug, gelangten die Armagnacs
völlig ans Ruder, und bekämpften mit Glück ihren Geg.
ncr. So tapfer Johann Arras vcrtheidigte, — bei wel-
chem Anlasse zuerst der Feuerrohre gedacht wird, — so
kam cs ihm doch nicht wenig zu Statten, daß die Gräfin von
Hennegau und sein Bruder, Herzog Anton von Brabant,
Frieden vermittelten; übrigens auch den Königlichen; denn
wurde der Herzog aufs Aeusserste getrieben, so stand zu
befürchten, daß er sich den Engländern in die Arme werfe,
die nun erst wieder eine drohende Stellung einnahmen.
Heinrich Iv. hatte auf dem angcmaßten Throne stets mit
Unruhen zu kämpfen gehabt. Kaum hatte Heinrich
Percy, genannt Hotspur oder Heißsporn, Sohn deö
Grafen von Northumberland, den 14. September am
Homiltonhill mit englischen Bogenschützen die Schotten
besiegt, über welche seit 1590 Robert Iii. regierte, so
trat er mit Owen Glendower, einem Abkömmlinge der
Fürsten von Wales, in Verbindung und wollte Edmund,
Len jungen Grafen de la Marche, Urenkel Herzog Lionels
von Clarence, als den zunächst berechtigten Prinzen, auf
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Percy Heinrich Robert_Iii Owen_Glendower Urenkel_Herzog_Lionels
von_Clarence
Extrahierte Ortsnamen: Paris Burgund Hennegau Northumberland Homiltonhill Wales
587
Slglsmund und das Conctt von Konstanz.
gent von Schottland; denn der Thronerbe Jakob I. war
auf einer Reise nach Frankreich den Engländern in die
Hände gefallen. So schnell als möglich kehrte Heinrich
mit 4000 Geharnischten und 24,000 Bogenschützen auf
den Schauplatz des Kriegs zurück. Ihm folgte gegen ein
Jahrgeld von 200 Pfund der schottische Graf Archibald
Douglas, und der nun seit 16 Jahren gefangne Kö-
nig Jakob gegen das Versprechen, 3 Monate nach der
Rückkehr aus Frankreich sreigelassen zu werden: Heinrich
glaubte, die in französischem Solde stehenden Schotten
werden gegen ihren Landesherrn nicht fechten wollen, und
ließ daher jeden derselben, der mit den Waffen in der
Hand getroffen wurde, als Landcsverräther hinrichten.
Doch schon war auch ihm sein Ziel gesteckt: nachdem er
den Dauphin aus Chartres vertrieben und die Stadt Meaur
erobert hatte, endete eine lang verheimlichte Krankheit
den 31. August 22 zu Vincennes sein Leben, das nicht
unwürdig war, durch den größten Dichter der englischen
Nation, durch Shakespeare verherrlicht zu werden.
Sigismund beschloß damals zur Unterdrückung des
böhmischen Aufruhrs einen förmlichen Rcichökrieg, und
schrieb daher eine Versammlung nach Regensburg aus,
die aber, weit es Fürsten und Stände so wollten, in
Nürnberg gehalten wurde. Da die alte Kricgsverfassung
läugst darniederlag, und auch die Kriegskunst, seit man
an den Schweitzern den Werth einer guten Fußmacht er-
kannt hatte, und seit Einführung der Feuergewehre eine
andre geworden war, so geschah der Antrag, jeder
Reichsstand solle von seinem Einkommen ein Hundertstel
als Kriegssteuer entrichten; allein die Reichsstädte, welche
ihr Vermögen vor den raubgierigen Herrn nicht offenba-
ren wollten, legten Widerspruch ein, und man kam auf
ein altes Aufgebot zurück, mußte aber wegen eingctretner
Veränderungen eine neue Matrikel oder Man ns liste
entwerfen. Als oberster Feldherr wurde Friedrich
von Brandenburg ausgestellt. Jndcß hatte sich der
Reichstag so lange hinausgezogcn, daß im Jahr 22 kein
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Archibald
Douglas Jakob Heinrich Heinrich August Sigismund Friedrich
von_Brandenburg Friedrich Jndcß
Extrahierte Ortsnamen: Konstanz Schottland Frankreich Frankreich Regensburg Nürnberg